Doch, man hört den Boxersound heraus. Aber wie anders ist das Gefühl! Der dreiflügelige Propeller zerschneidet schnarrend die Luft, zieht vorn. Kein Antrieb, der von hinten schiebt. Hochbeinig und ein wenig wankend bewegen wir uns vom Hangar II auf dem Flughafen Paderborn weg. Langsam, dann immer schneller rollt die Mooney M20L PFM (Porsche-Flugmotor) zum Start. Mit in dieser Klasse flüsterleisen 74 Dezibel hebt sie nach nur 400 Metern ab. Mehr Anlauf braucht es nicht, die knapp 900 Kilogramm Startgewicht plus vier Insassen in die Luft zu befördern.
Pilot Max Schwarz wirkt entspannt. Bestes Wetter und dazu das perfekte Handling der Maschine, gepaart mit einer Bedienbarkeit, die so leicht ist wie Autofahren, machen es möglich. Denn: Es gibt nur einen Bedienhebel für drei Funktion. Gasgeben, Propellerverstellung und Gemischregulierung je nach Flughöhe. All das muss man als Pilot in herkömmlichen Flugzeugen jener Baujahre einzeln austarieren.
Die kleine Piper des Fotografen ist nun herangekommen. Ein Moment, von dem jeder Flieger träumt: eine Mooney mit PFM in der Luft air to air fotografiert. Ein Tag für die Geschichtsbücher der Fliegerei, denn nur wenige Mooney PFM wurden je gebaut: nur 40 Stück. Die allermeisten sind längst abgewrackt. Lediglich etwa fünf Exemplare weltweit sind noch flugtauglich. Was mal laut dem damaligen Porsche-Entwicklungsleiter Heinz Dorsch Porsches zweites Standbein in den 90er-Jahren werden sollte, war nach sechs Jahren schon wieder vorbei. 1984 war der erste PFM zum Flugbetrieb zugelassen worden, 1988 dann die erste Mooney, 1990 folgte das Aus. Doch die harte Landung hatte seinerzeit nicht Porsche verschuldet.
Ganz sanft landet nun Max wieder mit uns. Durch die einzige enge Tür rechts geht es über die Tragfläche und eine Trittstufe von Bord. Drinnen ist dieser Porsche der Lüfte in etwa so geräumig wie ein VW Golf 2. Aber die Sitze sind bequemer, und die Aussicht ist besser. Es ist schon verrückt, wenn man unter die Motorhaube schaut und einem das stehende Gebläse eines 911-Motors seine Rundungen entgegenstreckt.
Ulf Möller, Freund des Hauses, Designer, Architekt und Porsche-Liebhaber, hat diesen Termin erst möglich gemacht und Dirk Sadlowski, den Besitzer der Mooney und Initiator des Hangars II am Flughafen Paderborn, mit seiner fröhlichen Art vom Mitmachen überzeugt. Dirk ist Unternehmer und hat in der Möbelindustrie gearbeitet, sich vor Jahren aber einen Traum erfüllt. Nein, nicht den vom Fliegen – das auch – sondern den vom Porsche-Bauen.
Technische Perfektion gepaart mit klassischem Look
Seit Kindesbeinen liebt er Porsche, hat sich ins Gras gelegt an der frisch gebauten A 44 und darauf gewartet, dass einer vorbeifährt. Seine Firma versteht sich auf die Restaurierung klassischer Porsche und baut auch Fahrzeuge nach dem Geschmack der Kunden auf. Dirk mag die technische Perfektion gepaart mit dem klassischen Look. Aber heute soll es um den PFM 3200 gehen, der – wie es sich für einen Porsche gehört – in Fankreisen eine absolute Legende ist.
Seine 1988er-Mooney hat Dirk vor ein paar Jahren in Connecticut gefunden und über Kanada, Alaska, Grönland, Island, die Faröer und Schottland bis nach Deutschland überführen lassen. „Hätte ich gern selbst gemacht, hatte aber keine Zeit“, seufzt Dirk. Dafür hat er aber schon über die gleiche Route so manch anderen historischen Flieger nach Europa geholt.
Mooneys sind von der ganzen Konstruktion auf Geschwindigkeit ausgelegt, das passte also perfekt zu Porsche. Ein Detail: das sogenannte Flying Tail. Das gesamte Höhen- und Seitenleitwerk bewegt sich, nicht nur irgendwelche Klappen. Das bedeutet wenig Luftwiderstand und höheres Tempo. Eine Art Flyline der Lüfte. Für den Einbau des PFM 3200 musste lediglich die Schnauze verlängert werden, was das ganze Flugzeug noch schnittiger aussehen lässt. Ein Kunstwerk am Himmel!
Die Symbiose mit Mooney passte einfach
Der PFM 3200 war nicht der erste Porsche-Flugmotor. Der PFM 678 mit seinen bis zu 75 PS auf Basis des 356-Motors war der Einstieg und ein grosser Erfolg in der deutschen Maschine Pützer Elster. Ab 1981 ging auch der 911 in die Luft: im SkyShip 500 und 600, bekannt aus dem James-Bond-Film „Im Angesicht des Todes“. Hier dienten Porsche-Motoren vom Typ 930 als Antrieb. Der PFM 3200 wurde ab 1981 in Weissach entwickelt und erhielt 1984/85 die Zulassungen. Serienstart war dann aber erst 1987.
Spät, aber alles hätte trotzdem schön werden können, die Symbiose mit Mooney passte einfach. Die Sparsamkeit sollte überzeugen. 38 Liter ganz normaler Sprit pro Flugstunde statt über 50 Liter Flugbenzin zum Beispiel beim Konkurrenten Lycoming waren ein Wort. Doch in den USA, wo der Kraftstoff billig war, kein Argument. Auch der leise Antrieb war in den USA egal. Stattdessen stürzte sich die Konkurrenz auf ein Detail: die Zündanlage. Das Argument: Fällt der Strom aus, fällt die Maschine eine Stunde später vom Himmel.
Lichtmaschinen und Zündverteiler mussten sich gegen die herkömmliche Magnetzündung, die den Strom selbst induziert, behaupten. Den Kunden wurde Angst gemacht. Leider mit grossem Erfolg. Dabei hatte der PFM 3200 seine Zuverlässigkeit bewiesen. Denn in über sechs Monaten mit 300 Starts und Landungen und 600 Flugstunden hatten Michael Schultz und Hans Kampik schon 1985/86 die Welt mit ihm umrundet. Am 16. Januar 1986 landeten sie ihren Mooney-Prototyp wieder sicher auf einem kleinen Flugplatz in Donaueschingen. Der 3,2-Liter-Porsche-Flugmotor PFM 3200 hatte dabei 23.000 Liter Superbenzin und 30 Liter Öl verbraucht, Hitze und Kälte getrotzt und 100.000 Flugkilometer klaglos zurückgelegt. Und die Zündung? Keine besonderen Vorkommnisse.
Heute spielt das keine Rolle mehr. Der Flugzeugmarkt entwickelte sich nicht so rasant, wie es sich eine ganze Industrie erhofft hatte. Effektiv werden rund 180 Flugmotoren des Typs PFM 3200 gebaut, etwa 80 Flugzeuge heben mit ihnen ab. Neben Mooney auch Cessnas und die französische Robin DR400/RP. Etwa 15 bis 20 davon gibt es noch, fünf von ihnen Mooneys. Traum vieler Flieger, Legende am Himmel. 2023 nun noch einmal am Himmel über Westfalen fotografiert, bewahrt in einem Hangar, den wir dank Ulf Möller betreten durften. Was für ein Tag!
Info
Text erstmalig erschienen im Magazin Porsche Klassik 29.
Autor: Thorsten Elbrigmann
Fotografie: Felix Groteloh
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