Wie hat die Geschichte des Sport Classic eigentlich angefangen?
Apenbrink: „2009 haben wir in der Porsche Exclusive Manufaktur, damals noch Porsche Exclusive genannt, mit dem Sport Classic komplexe Fahrzeugprojekte wiederaufleben lassen. Eigentlich waren alle der Überzeugung – und so ist es bisher bei allen Exclusive Kleinserien gewesen –, jeder Anlass für ein Fahrzeug sei eine einmalige Sache. Denn das war die Strategie: Es gibt einen Anlass – und zwar genau einmal. Und beim nächsten Mal denken wir uns wieder ein neues Thema aus. Aber wir haben von Kunden oft die Frage gehört: ‚Wann macht ihr denn mal wieder einen Sport Classic?‘“
Larson: „Obwohl vom ersten Sport Classic nur 250 Stück gebaut wurden, hat das Fahrzeug noch heute eine unfassbare Präsenz und sitzt in den Köpfen von extrem vielen – nicht nur bei Instagram oder Facebook –, sondern auch bei Porsche-Treffen und dergleichen.“
Apenbrink: „Ja, es ist so ein Fahrzeug, da hört man immer wieder: ‚It turns your head.‘“
Was hat es mit dem Namen „Sport Classic“ auf sich? Gibt es eine Geschichte dazu oder dürfen wir die nicht erzählen?
Apenbrink: „Am Anfang gab es einen Arbeitstitel. Wir haben damals in einem Workshop drei Konzepte für die erste Kleinserie ausgearbeitet – eines davon war ein ‚Classic Coupé‘. Der genaue Wortlaut war ‚ein klassisches Coupé mit den wichtigsten Design-Zitaten der Porsche-Historie‘. Mit ‚klassisch‘ meinten wir damals eine pure Form des Porsche-Sportwagens. Doch den Arbeitstitel zu übernehmen, wäre zu einfach gewesen und so gingen wir die Historie der Porsche Fahrzeugnamen durch. Bei SC, was damals Super Carrera hiess, blieben wir hängen, weil es perfekt zur Produktsubstanz des Fahrzeugs passte. Je kürzer ein Name auf dem Heckdeckel ist, desto besser und so träumten wir von 911 SC. Am Ende waren die Namensrechte an ‚SC‘ jedoch bereits vergeben und unser Fahrzeug war ja auch kein 1:1-Nachfolger des damaligen 911 Porsche SC. Daher suchten wir weiter und kamen von Super Carrera auf Sport Classic. Ein klassischer Sportwagen mit Schaltgetriebe, Heckantrieb, leistungsgesteigertem Motor und typischer Gran-Turismo-Ausstattung – ein Sport Classic eben.“
Als die Entscheidung für einen neuen Sport Classic gefallen war, gab es irgendwelche Schwierigkeiten oder besondere Hürden, die überwunden werden mussten? Oder stand die Idee, jeder war begeistert und los ging’s?
Larson: „Schwierigkeiten würde ich es nicht nennen – die grösste Herausforderung waren sicherlich die hinteren Kotflügel. Wir wollten unbedingt die breiten Backen haben, aber ohne den Lufteinlass. Dafür gab es aber gar keine Werkzeuge, also mussten wir mit dem Versuchswerkzeug etwas tricksen. Dürfen wir das sagen?“
Apenbrink: (lacht) „Ja, das dürfen wir sagen. Wie Grant gerade schon angedeutet hat, wir wollten unbedingt diese skulpturale Form, die breite Karosserie mit den schönen Rundungen. Wir können aber keine Millionen an Entwicklungskosten aufrufen, sondern brauchen immer gute Ideen. Und da hatten wir die Idee, das Methodenwerkzeug, das eigentlich für Vorserien genutzt wird, für die tatsächliche Produktion zum Kleinserienwerkzeug weiterzuentwickeln und zu verwenden. Ein unüblicher Ansatz, der eigentlich Unmögliches möglich gemacht hat. Aber grundsätzlich lässt sich sagen: Keines dieser Autos ist ein Home Run. Bis zu dem Tag, an dem die Fahrzeuge auf der Messe stehen, gibt es viel zu tun und viele Entscheider sind zu überzeugen. Kleinserienfahrzeuge polarisieren immer etwas – ganz bewusst. Sie sind oft auch nicht selbsterklärend. Das macht ja gerade den Reiz aus. Es braucht viel Herzblut und Überzeugungskraft diese Fahrzeuge von der Idee über die Entscheidung und Entwicklung ins Ziel zu bringen. Es braucht eine kleine eingeschworene Mannschaft, die daran glaubt, dafür kämpft und sich nicht davon abbringen lässt.“
Und doch steht er jetzt hier, der neue 911 Sport Classic, mit Entenbürzel und allem Drum und Dran. Gibt es Elemente, die eine eigene Entwicklungsgeschichte haben, oder ist das Heck am markantesten?
Larson: „Neben dem Entenbürzel haben wir noch das Design der Fuchsfelge® aufgenommen. Verschiedene Interpretationen davon gab es in der Vergangenheit zwar immer wieder, mit dem Sport Classic sind wir aber so dicht am Original wie selten zuvor. Die Vertiefungen im Dach sind ebenfalls ungewöhnlich. Die verhinderten beim Original von 2009 damals den Verkauf in den USA.“
Apenbrink: „Oh ja, guter Punkt. Lasst uns mal über das Dach reden. Das gab es so vor dem ersten Sport Classic nicht bei Porsche.“
Larson: „Den 997 Sport Classic haben wir in den USA nicht auf den Markt gebracht – deswegen auch die kleine Stückzahl von 250 Einheiten damals. Denn für das Dach mit den Vertiefungen hätten spezifische Tests gemacht werden müssen, die in den USA gesetzlich gefordert sind. Diese waren für die kleine Stückzahl und die angestrebte Wirtschaftlichkeit aber einfach zu teuer. Deswegen ist der 997 Sport Classic auch eines der begehrtesten Sammlerautos in den USA.“
Apenbrink: „Es gibt da mittlerweile einige, die es geschafft haben, einen 997 Sport Classic zu importieren, und die auch auf den diversen Automobil-Shows und Concours-d’Elegance-Veranstaltungen stolz präsentieren. Aber jetzt ist das ‚Double-Bubble‘ im neuen 911 Sport Classic erstmals regulär in den USA verfügbar – das ist ein Riesenschritt.“
Milošević: „Auch ein Riesenschritt: Sowohl beim ersten Sport Classic als auch jetzt beim neuen haben wir ein Streifen-Design, passend zu den ‚Double Bubbles‘, sehr subtil, Ton in Ton. Beim 997 war es ein relativ heller Grauton mit dunkleren Streifen, jetzt ist es genau umgekehrt: Die Exterieurfarbe ist dunkler und moderner, die Streifen sind etwas heller. Aber – und das ist der Punkt – nicht mehr als Aufkleber auf dem Fahrzeug angebracht wie das letzte Mal, sondern lackiert. Das ist ein grosser Sprung gegenüber dem Vorgänger. Streicht man mit den Fingern über die beiden Streifen, fällt die schöne glatte Oberfläche sofort auf. Das ist deutlich aufwendiger gemacht und sehr edel.“
Sprechen wir über das Interieur. Hier gibt es auch einige Besonderheiten – das Interieur Paket Paldao zum Beispiel. Steckt da mehr dahinter als die reine Optik?
Holzinger: „Von 1964 bis 1967 haben wir in den Porsche-Modellen das Furnierholz Mahagoni in Naturfarbe matt auf der Blende der Instrumententafel und dem Lenkradkranz angeboten. Das war die historische Vorlage. Wir wollten natürliche Materialien, neben Leder wird auch Holz als hochwertiges und nachwachsendes Naturprodukt im Fahrzeuginterieur verwendet. Die Bestandteile des Innenraums werden durch die Verarbeitung hochwertiger Materialien aufgewertet.“
Apenbrink: „Wir haben damals ja den millionsten 911 gebaut, als Verneigung vor dem ‚Dienstwagen‘ von Ferry Porsche. Aussen irischgrün, innen mit Pepitamuster an den Sitzen und klassischem Holz. Das assoziieren Kunden auch heute noch mit den frühen Elfern. Bei modernen 911 wird Holz sehr selten gewählt, in den Viertürern wie dem Macan deutlich häufiger, da der Kunde diese Modelle viel stärker mit Fahrzeugen anderer Hersteller vergleicht. Da ist es normal, aber im 911 eher selten. Paldao hat – so nehme ich das zumindest wahr – für unsere Kunden das erste Mal diese Coolness, sodass sie bei einem Blick ins Interieur sagen: ‚Oh, jetzt denke ich das erste Mal ernsthaft darüber nach, einen 911 mit Holz im Interieur zu nehmen.‘“
Holzinger: „Das liegt auch daran, dass es ein offenporiges Dekor ist. Dieses Offenporige gibt dem Ganzen eine zeitgemässe Optik mit einem natürlichen Griff, was es eben modern macht. Gleichzeitig ist es eine Hommage an die Sechziger.“
Apropos Hommage. Nächstes Stichwort ist: Pepita. Das wurde auch wieder aus historischer Bewandtnis aufgegriffen, richtig?
Holzinger: „Ja, das kommt direkt aus der Porsche-Historie. Pepita wurde ursprünglich in der Endphase des 356 als Sonderwunsch angeboten. Aber sehr vereinzelt, nur auf Nachfrage. Offiziell wurde es zum ersten Mal 1965 im Ausstattungskatalog zum Ur-Elfer erwähnt.“
Apenbrink: „Pepita ist heute noch eines der gefragtesten Muster, wenn Kunden Sonderwunsch-Optionen nachfragen, die nicht im normalen Katalog aufgeführt sind, weil der Stoff von vielen mit Porsche assoziiert wird.“
Sprechen wir über das Kombiinstrument. Wie beim Targa ist der Drehzahlmesser an den des 356 angelehnt. Diese Parallelen und die Farbgebung in Grün – was ist da die Bedeutung?
Larson: „Die Ziffern waren schon im 356 grün und im 911 bis 1967. Danach dann nicht mehr. Die Technik war damals simpel: Es gab in den Instrumenten einen Versatz zwischen Chromring, Glas und dem Zifferblatt. Durch diesen Spalt wurden die Instrumente natürlich von aussen beleuchtet. Die Zeiger waren mit grünem Phosphor behandelt, so wie man es von diesen Spielzeugen kennt, die im Dunkeln leuchten.“
Apenbrink: „Oder wie bei Sekundenzeigern in klassischen Uhren.“
Holzinger: „Die Technik war damals einfach noch nicht so weit, dass man die Hinterleuchtung mit einer eigenen Lichtquelle bewerkstelligen konnte, und da wurde mit dem Phosphor nachgeleuchtet.“
Apenbrink: „Ich erinnere mich, dass ich schon in historischen Porsche gesessen habe und dachte, ‚die Zeiger erkennt man ja kaum‘. Aber logisch, wenn der Phosphor nicht mehr wirkt, dann leuchtet da auch nichts mehr.“
Larson: „Auch bei den neueren Modellen finden sich diese grünen Elemente in den Instrumenten oft wieder. Das ist ein Klassiker geworden, obwohl natürlich schon lange kein Phosphor mehr verwendet wird.“
Apenbrink: „Ist ja auch ein schönes Beispiel dafür, wie technische Innovation und Tradition ganz natürlich miteinander verschmelzen.“
Vielen Dank für das Gespräch.