Kryptokunststück

Pilotprojekt mit Zukunftspotenzial: Porsche Deutschland versteigerte erstmals eine exklusive Designskizze als Non-Fungible Token.

   

„Mit Herzblut neue Technologien auszuprobieren, prägt unser Unternehmen.“

Peter Varga

Peter Varga hat eine Skizze angefertigt. Als Director Exterior Design bei Porsche gehört das zu seinem Job. Doch diese Zeichnung ist nicht nur deshalb besonders, weil sie die Modelle Taycan Cross Turismo und 911 ästhetisch kombiniert: Sie ist das erste Porsche-Projekt, das für den Kryptokunstmarkt entstand – erfolgreich versteigert als nicht kopierbares digitales Objekt, als sogenanntes Non-Fungible Token (NFT). 

„Im ersten NFT von Porsche eine Brücke zwischen den ikonischen Linien des 911 und dem jüngsten Modell zu schlagen, war eine faszinierende Aufgabe“, sagt Peter Varga. „Die NFT-Initiative kam aus unserem internen Innovationsprozess. Mit Herzblut neue Technologien auszuprobieren – das prägt unser Unternehmen von jeher.“ 

NFT basieren auf der Blockchain-Technologie. Bereits 2018 erprobte Porsche diese als erster Automobilhersteller auch in Fahrzeugen. Zu den frühen Pilotprojekten zählten die Ver- und Entriegelung eines Wagens per App sowie befristete Zugangsberechtigungen und neue Geschäftsmodelle durch verschlüsseltes Datenlogging. Mögliche Anwendungsbereiche werden permanent weiterentwickelt, beispielsweise zur Verbesserung autonomer Fahrfunktionen.

Das erste NFT von Porsche

Das erste NFT von Porsche

Die Designskizze verbindet die Porsche-Modelle 911 und Taycan Cross Turismo.

Was ist ein NFT?

Token bedeutet übersetzt so viel wie Wertmarke. Grundsätzlich ist ein NFT ein fälschungssicher digitalisierter Vermögenswert. Dabei kann es sich um körperlose Objekte wie etwa Musik- oder Filmrechte handeln, sogar besondere Tweets werden bisweilen in NFT verwandelt und gehören jemandem. Erst recht funktioniert der digitale Eigentumsschutz für Handfestes wie Immobilien und Fahrzeuge. Und eben für Kunstwerke. NFT sind handelbar, der Markt wächst. Das „N“ im Namen unterscheidet sie von Kryptowährungen wie Ether oder Bitcoin. Diese sind Fungible Tokens – austauschbar wie Geldscheine in der realen Welt. Sowohl Kryptowährungen als auch NFT basieren auf der Blockchain-Technologie.

Wie funktioniert die Blockchain?

Das Wesen einer Blockchain liegt in der Abkehr von einem zentralen Kontrollorgan hin zu einem dezentralen System, in dem alle Beteiligten über die gleichen Rechte und Informationen verfügen. Als Beispiel zur Verdeutlichung kann ein Chat dienen – bei WhatsApp oder vergleichbaren Diensten. Auch hier liegt prinzipiell jedem Mitglied einer Gruppe derselbe Inhalt vor und die Einträge bauen aufeinander auf.

In der Blockchain-Technologie werden zusätzlich zum Inhalt eines Eintrags sogenannte Hashwerte berechnet. Das sind beliebig lange Zeichenfolgen, die alle zur selben Wurzel zurückführen. Die Prüfung eines neuen Blocks obliegt dem Netzwerk, in dem alle Computer gleichberechtigt und im Besitz einer vollständigen Kopie der Blockchain sind. Sollte also jemand Fälschungsabsichten hegen, müsste er alle bisher eingetragenen Hashwerte in allen existierenden Kopien manipulieren. Eine solche Rechenleistung ist nicht darstellbar und bildet – vereinfacht dargestellt – das Sicherheitsprinzip einer Blockchain.

Was bedeuten NFT auf dem Kunstmarkt?

Der Kunsthistoriker Thomas Kellein leitete die Geschicke von großen Museen und kuratierte unter anderem in Basel, London, München, Peking, Venedig und den USA. „Wir erleben die Entstehung eines finanzstarken Marktplatzes für digitale Kunst, die anstelle von Signaturen durch die Blockchain-Technologie authentifiziert wird“, bestätigt Kellein einen Boom für NFT. An der Sicherheit des Systems hegt er keinen Zweifel. „Aber inhaltlich bleibt eine Investition genauso spekulativ wie in der analogen Kunst: Man darf nie vergessen, dass es Kunst – ebenso wie Geld – ohne Glauben und Überzeugung nicht gibt.“

Eine revolutionierende Entwicklung im Kunstbereich könnte sich nach seiner Ansicht auch im Teilen entwickeln: „Durch die NFT-Technologie lassen sich digitale und physische Kunstwerke – also Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen oder Fotografien – zunächst authentifizieren. In naher Zukunft werden durch NFT aber auch Anteile an physischen Werken wie Aktien gehandelt. Das nennt man Fraktionalisierung.“

Was sagt der Käufer?

Der US-Amerikaner Ed Voyles erwarb die Designskizze von Peter Varga für 30,25 Ethereum – der Betrag entsprach bei Auktionsende rund 80.000 Euro. Porsche Deutschland spendete den Erlös an die Non-Profit-Organisation Viva con Agua, die sich weltweit für den Zugang zu sauberem Trinkwasser einsetzt.

Voyles, 26, hat gleich zweierlei ersteigert: sowohl das per Blockchain verifizierte NFT als auch das physische Kunstwerk. „Diese Kombination macht die Designskizze besonders wertvoll“, freut sich der NFT-Sammler und Entrepreneur aus Atlanta, Georgia. Er ist langjähriger Fan der Sportwagenmarke und befasst sich bereits seit 2018 mit Kryptowährungen. „Ich denke, ich besitze nun ein kleines Stück Porsche-Geschichte. Und dass der Erlös Viva con Agua zugutekam, macht den Kauf zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten.“

SideKICK: Umsetzung mit Fanzone

Eine Geschäftseinheit der Porsche Digital GmbH ist Forward31. Der Company Builder gründete 2021 das Start-up Fanzone aus. Gemeinsam mit diesem jungen Berliner Unternehmen setzte Porsche die Versteigerung seines ersten NFT um. Fanzone betreibt eine Onlineplattform, auf der Sportfans digitale Spielerkarten als NFT erwerben, sammeln, tauschen und in Fantasiewettbewerben einsetzen können. Die Blockchain-Technologie garantiert die Identität und Sicherheit der Spielerkarten. 

Heike Hientzsch
Heike Hientzsch