Druckreife
Kolben gehören zu den am stärksten belasteten Bauteilen eines Motors. Porsche hat erste Exemplare mittels 3D-Druck hergestellt. Und zwar gleich für das Hochleistungstriebwerk des wildesten Elfers.
Illustration: Design Hoch Drei
Ein Forschungsprojekt mit Maximalanspruch: Für die ersten im 3D-Druckverfahren hergestellten Kolben wählte Porsche den 515 kW (700 PS) starken Sechszylinder-Biturbo-Motor des Porsche 911 GT2 RS. Die Logik: Wenn die Bauteile im stärksten je gebauten Porsche GT-Sportwagen halten, dann bestehen sie in jedem Antrieb.
Der entscheidende Vorteil des 3D-Drucks liegt in der größeren Gestaltungsfreiheit gegenüber geschmiedeten oder gegossenen Komponenten. Teile können in nahezu beliebiger Geometrie entstehen, ohne dass zuvor Werkzeuge oder Formen angefertigt werden müssen. Der Drucker wird direkt mit Konstruktionsdaten gefüttert; Limitierungen durch Werkzeugmaschinen entfallen. So konnte im Boden der 3D-Druck-Kolben ein geschlossener Kühlkanal integriert werden, der mit klassischen Verfahren nicht herstellbar wäre. Der filigrane Kanal reduziert die Temperaturbelastung an den Kolbenringen um 20 Grad. Die gedruckten Kolben sind außerdem steifer und zehn Prozent leichter als herkömmlich produzierte Komponenten. Deshalb erlauben sie höhere Drehzahlen bei optimierter Verbrennung. Fazit: Bis zu 30 PS mehr Leistung bei höherer Effizienz sind denkbar.
Das für die Kolben angewandte Verfahren heißt Laser Metal Fusion (LMF). Dabei entstehen Bauteile Schicht um Schicht aus einem Pulverbett – in diesem Fall gefüllt mit einer speziellen Aluminiumlegierung. In der Prozesskammer schiebt der Beschichter Pulver vom Vorratsbehälter über den Bauzylinder und erzeugt so eine Schicht. Überschüssiges Pulver landet im Überlaufbehälter. Anschließend erhitzt ein Laserstrahl entsprechend der Teilekontur die Pulveroberfläche, verschmilzt sie zu einer festen Metallschicht und verbindet diese mit den bereits aufgeschmolzenen Schichten darunter. Danach sinkt der Bauzylinder ab und der Beschichter trägt erneut Pulver auf. So erheben sich die Kolben sukzessive aus dem Staub.
In der harten Qualitätskontrolle bestanden die 3D-Druck-Kolben einen 200-Stunden-Dauerlauf auf dem Motorenprüfstand. Ein Meilenstein, den Porsche in enger Zusammenarbeit mit den Partnern Mahle und Trumpf erreichte und mit dem Optikunternehmen Zeiss qualitativ absicherte.
In anderen Bereichen wendet Porsche additive Fertigungsverfahren bereits erfolgreich an. Zum Beispiel beim 3D-Druck-Bodyform-Vollschalensitz für die Baureihen 911 und 718, beim Nachbau von Ersatzteilen für klassische Fahrzeuge sowie im Motorsport.