Lap Time: 2:06,499 Min.
Die E-Maschine des Porsche 919 Hybrid und ein abenteuerliches Provisorium retten 2015 die Weltmeisterschaft.
Als Timo Bernhard in Bahrain von der Poleposition zum Finale der Langstrecken-Weltmeisterschaft startet, stehen die Chancen gut. Der Porsche 919 Hybrid ist ein Seriensieger. Sogar ein fünfter Platz im 6-Stunden-Rennen würde dem Team Timo Bernhard, Brendon Hartley und Mark Webber heute zum Gewinn des Fahrertitels reichen. Doch nach einer halben Stunde funkt Bernhard: „No Power!“ Der Verbrenner nimmt kein Gas mehr an. Der Deutsche rettet sich mit der Kraft der E-Maschine an die Box. Mechaniker verschwinden armtief im glühenden Motor. Der rechte Drosselwalzenhebel ist gebrochen. Die abenteuerliche Lösung: Mit dem Schnabel einer Zange wird die Drosselwalze auf Vollgas arretiert und mit Kabelbindern fixiert. Nach quälenden 8:43 Minuten in der Box eilt Bernhard dem Feld hinterher. Ob das Provisorium hält? Die Ingenieure schwitzen an den Datenmonitoren, ersinnen elektronische Lösungen für Fahrsituationen mit Tempolimit wie das Durchfahren der Boxengasse oder Safety-Car-Phasen. Außerdem muss der streng reglementierte Spritverbrauch unter Kontrolle bleiben. Hartley fährt als Zweiter. Der 919 ist auf den fünften Platz vorgerückt. Dann übernimmt Webber.
Die letzte Stunde in der finsteren Wüstennacht läuft. Dann die nächste Hiobsbotschaft: Auch der linke Drosselwalzenhebel ist gebrochen. Zange und Kabelbinder liegen bereit, die Reparatur geht schneller. Im E-Modus kann Webber anfahren, aber für den Rennbetrieb mit jetzt zwei sperrangelweit offenen Drosselwalzen müssen die Experten den Vierzylinder neu programmieren. Unter permanentem Vollgas ist das Auto kaum zu bändigen. Die Motordrehzahl lässt sich nur noch über die elektronische Kraftstoffeinspritzung regeln. Das Steuergerät ist irritiert und schaltet den Verbrennungsmotor immer wieder ab, das Anlassen auf der Strecke ist jedes Mal ein Drama. Wie den letzten Tankstopp bewältigen? Webber erhält Anweisungen: Schalterpositionen, Programmaktivierungen, er muss mit voller Batterie die Box ansteuern, den Verbrenner abschalten, die Kupplung beim Tanken gedrückt halten und auf der Strecke behutsam kommen lassen. Ruckelnd gelingt die Prozedur. Webber kommt als Fünfter ins Ziel – Weltmeister! Die Mannschaft schreit sich die Anspannung von der Seele. Ohne die Kraft der E-Maschine, gespeist aus Brems- und Abgasenergie, wäre die WM verloren gewesen. Webber brauchte 2:06,499 Minuten für seine letzte Runde. Zum Vergleich: Das Siegerauto, der zweite 919 mit Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb, fuhr die schnellste Rennrunde in 1:41,893 Minuten.
21.11.2015
Finale FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC)
Bahrain International Circuit, Sakhir, Bahrain
5,412 Kilometer Streckenlänge
Timo Bernhard / Brendon Hartley / Mark Webber / Porsche 919 Hybrid