Lap Time: 1:34,23 Min.
2015 besiegt Porsche die Prototypen und einen Hurrikan auf der Road Atlanta.
Es ist der Tag der Entscheidung im Titelkampf um die bedeutendste amerikanische Sportwagenmeisterschaft. Die Vorzeichen bereiten Sorge. Hurrikan Joaquin weht mit Macht Regenmassen von der Atlantikküste ins Landesinnere. Ausläufer steuern direkt auf die Road Atlanta zu. Nicht nur der Himmel verfinstert sich an diesem Oktobertag 2015 über der Traditionsrennstrecke im US-Bundesstaat Georgia. Auch sportlich sieht es düster aus: Nach Zwischenfällen im Qualifying starten die beiden Porsche 911 RSR des Werksteams am Ende des Feldes. Petit Le Mans steht für Porsche unter einem denkbar schlechten Stern. Aber genau jetzt schlägt die Stunde von Nick Tandy.
Der Brite und seine Teamkollegen, der Franzose Patrick Pilet und Richard Lietz aus Österreich, kämpfen sich im Blindflug durch die Gischt. Mehrfach muss das auf zehn Stunden angesetzte Rennen durch Safety-Car-Phasen neutralisiert werden. Aquaplaning macht Piloten zu Passagieren. Spezialtrucks versuchen mit riesigen Turbinen, die Wassermassen wegzublasen. Die Bedingungen werden minütlich schlimmer. Zur Rennmitte heißt es eine Stunde lang warten. Unterbrechung. Drainageleitungen sind ein neuer Ansatz gegen die Sturzbäche auf der Strecke. Erneute Rennfreigabe.
Für Porsche geht es in dieser Meisterschaft um GT-Klassensiege. An der Spitze fahren reinrassige Prototypen in einer eigenen Liga – normalerweise.
Der entscheidende letzte Stint beginnt. Nick Tandy nimmt seinen ganzen Mut zusammen und nutzt den Traktionsvorteil des Elfers, das Heckmotorkonzept zahlt sich aus. Tandy fährt auf Attacke, tastet sich immer näher heran ans Limit. Die 183. Rennrunde absolviert er in 1:34,23 Minuten: Bestwert seines finalen Stints. Schnell kommt er wieder in Schlagdistanz zum Gesamtführenden – einem nominell weit überlegenen Prototyp. Fünf Runden später hat Tandy den Rückstand aufgeholt und wuchtet seinen 911 RSR vorbei auf Platz 1. „Zu diesem Zeitpunkt standen noch zwei weitere Stunden auf der Uhr – eine Zitterpartie“, erinnert sich der heute 35-Jährige.
Doch neun Runden später bricht die Rennleitung wegen Überflutung ab. Porsche ist das Unfassbare gelungen: Der 911 überquert die Ziellinie als Gesamtsieger. Freudentränen mischen sich mit Regentropfen. Mit diesem Sieg ist auch der Herstellertitel für Porsche entschieden. Pilet steht als Fahrermeister fest und Tandy hat vier Monate nach seinem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans im Porsche 919 Hybrid auch noch das kleine Le Mans im 911 RSR gewonnen. „Völlig surreal, diesen Tag werde ich niemals vergessen.“
03.10.2015
Petit Le Mans / Finale United SportsCar Championship (USCC)
Road Atlanta, Braselton, Georgia / USA
4,088 Kilometer Streckenlänge
Richard Lietz / Patrick Pilet / Nick Tandy / Porsche 911 RSR