Neue Ära
Mit der Entscheidung, den Taycan in Zuffenhausen zu fertigen, realisiert Porsche das größte Bauvorhaben seiner nunmehr 80-jährigen Standortgeschichte. Das historische Stammwerk im Norden Stuttgarts wird fit gemacht für die Automobilproduktion der Zukunft.
Verbrauchsangaben
Modellreihen Porsche 718 Boxster / 718 Cayman
Kraftstoffverbrauch innerorts: 12,3–9,0 l/100 km
außerorts: 7,0–5,7 l/100 km
kombiniert: 9,0–6,9 l/100 km
CO₂-Emission (kombiniert): 205–158 g/km
Effizienzklasse : Deutschland: G–D · Schweiz: G (Stand 09/2018)
Mehr als 1.200 neue Arbeitsplätze entstehen. Porsche investiert allein in Zuffenhausen rund 700 Millionen Euro.
Die Geschichte des Standorts Zuffenhausen begann vor 80 Jahren. Die damalige Dr. Ing. h.c. F. Porsche KG zog vom Zentrum Stuttgarts in den nördlichen Stadtteil. Von Beginn an wurde dort Automobilgeschichte geschrieben: Die Nullserie des späteren „VW Käfer“ ist in Zuffenhausen entstanden, ebenso drei Rennsportcoupés Typ 64, Baujahr 1939. Ab 1950 wurden auf dem Werksgelände die ersten Sportwagen der Marke Porsche gebaut: zunächst der legendäre 356, seit 1964 der 911. Jetzt steht das historische Stammwerk vor einer neuen Ära. Mit der Produktion des Taycan entsteht derzeit eine Fabrik innerhalb der Fabrik. Ab 2019 wird der Sportwagenhersteller neben den aktuellen zweitürigen Fahrzeugen das erste vollelektrische Serienmodell der Marke fertigen. Mehr als 1.200 neue Arbeitsplätze entstehen. Porsche investiert allein in Zuffenhausen rund 700 Millionen Euro.
Für die Konstruktion des neuen Karosseriewerks, der Lackiererei und der Förderbrücke sowie der Hallen für Montage, Logistik, E-Antriebs- und Achsfertigung werden insgesamt mehrere zehntausend Tonnen Stahl verbaut. Das entspricht ungefähr der Menge, die für 100.000 Karosserien des 911 Carrera benötigt würden. Der Erdaushub in Zuffenhausen summiert sich auf 28.000 Lkw-Ladungen, der angelieferte Beton auf rund 112.000 Kubikmeter. Mit dem Transport dieser immensen Materialmengen im dichten Stuttgarter Verkehr und ihrer Verarbeitung auf den aktuellen Baustellen sind knapp 300 Planer und bis zu 3.000 Bau- und Anlagenexperten beschäftigt. Bis zu 100 Tonnen schwere Betonpfeiler werden in das Stammwerk von Porsche transportiert. Es ist viel los in diesen Wochen und Monaten in Zuffenhausen.
Länge: 890 Meter
Ebenen: 2
Fassade: 17.000 Quadratmeter
Schaufenster: 2
Erdaushub: 240.000 Kubikmeter
Höhe: 38 Meter
Bautiefe: 25 Meter
Bruttogeschossfläche: 62.000 Quadratmeter
Rauminhalt: 360.000 Kubikmeter
Fertigteile: 2.760
Länge: 216 Meter
Höhe: 28 Meter
Material: 6.900 Tonnen Stahl
Mit Kreativität gegen den Platzmangel
„Hier in Zuffenhausen schlägt das Herz von Porsche“, betont Reiner Luth, Leiter Planung des Fabrikprojekts. Die neuen Gebäude werden errichtet, während daneben die Serienproduktion weiterläuft – ohne Unterbrechungen, ohne Verzögerungen. Damit künftig auch der Taycan in Zuffenhausen vom Band rollt, „operieren wir sozusagen am offenen Herzen“, zieht Luth einen Vergleich zur Medizin. Selbstredend, welche Herausforderungen dieser „Eingriff“ mit sich bringt.
Allein der Zeitplan ist ehrgeizig. Ende 2015 trifft Porsche die Entscheidung, den Taycan in seinem Stammwerk zu fertigen. Die Uhr tickt, 2019 soll die Serienproduktion starten. Doch das ist nicht die einzige Herausforderung. „Hier ist alles dicht gedrängt“, erklärt Jürgen King, Leiter des zentralen Baumanagements. Er koordiniert den Bau für Porsche. „Damit wir bauen können, mussten 5.000 Mitarbeiter umziehen – in knapp einem halben Jahr.“
Das Porsche-Stammwerk ist von allen Seiten her begrenzt. Es schließt direkt an Wohngebiete, Grundstücke anderer Firmen, Bahngleise und Straßen an. So trennt eine vierspurige Hauptverkehrsstraße etwa die neue Lackiererei und den Karosseriebau des Taycan von der Montagelinie. Die Enge führt dazu, dass Porsche kreativ wird. Bereits im Zuge früherer Werkserweiterungen hat Porsche in die Höhe gebaut – und macht das auch jetzt. In der neuen Montage- und Logistikhalle sowie im Karosseriewerk wird sich die Produktion des E-Porsche auf vier Ebenen erstrecken. Das kommende Sportwagenmodell wird von oben nach unten gefertigt: Der Montageprozess verläuft bis hinab ins Erdgeschoss, wo das fertige Fahrzeug nach der Abnahme ebenerdig aus der Halle rollt. Die Technik, die die gesamte Produktion steuert, ist im Keller untergebracht. Ein logistisches Meisterwerk, nahezu einmalig in der Automobilproduktion.
Von einer „Riesenherausforderung“ spricht Luth mit Blick auf die Werkserweiterung. Und King ergänzt: „Vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen ist das nicht nur die größte, sondern auch die schnellste Baustelle in der Geschichte von Porsche.“ Zweifel an der Entscheidung für Zuffenhausen gab es nicht. Das Megaprojekt macht das Stammwerk zukunftsfähig. Es setzt ein Zeichen für den Standort und für seine Belegschaft – und garantiert auch den Taycan-Kunden das Qualitätsversprechen „made in Germany“.
Rauminhalt: 320.000 Kubikmeter
Bruttogeschossfläche: 65.000 Quadratmeter
Höhe: 30 Meter
Material: 20.000 Tonnen Stahl, 35.000 Kubikmeter Beton
Nachhaltige Autos aus nachhaltiger Produktion
Die Elektroantriebe und Achsen für den ersten E-Porsche werden ebenfalls im Stammwerk produziert. „Darauf sind wir besonders stolz“, sagt Luth. Das Gleiche gelte für das Ziel einer CO2-neutralen Fabrik – „das i-Tüpfelchen der Herausforderungen“, wie King es nennt. 42.000 Quadratmeter Dachbegrünung sind geplant, zahlreiche Bäume sollen vor den neuen Werkshallen gepflanzt werden. Gleichzeitig verschwinden alte, ineffiziente und wenig umweltfreundliche Gebäude. Wer in Zukunft das Stammwerk besucht oder auch nur daran vorbeifährt, soll sofort erkennen: Porsche legt Wert auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz. „Wenn wir mit der Werkserweiterung für den Taycan fertig sind, wird Porsche emissionsfreie Fahrzeuge in einer CO2-neutralen Fabrik produzieren – eine runde Sache“, resümiert Bauleiter King.
1938
Das Konstruktionsbüro von Ferdinand Porsche zieht von der Kronenstraße in der Stuttgarter Innenstadt nach Zuffenhausen. Das heutige Werk 1 ist dort gerade fertiggestellt worden.
1953
Die von Rolf Gutbrod entworfene Montagehalle (Werk 2, Bau 1) wird in Betrieb genommen. Bereits drei Jahre zuvor beginnt Porsche in Zuffenhausen mit der Fertigung der ersten Sportwagen.
1963
Zu Beginn der 1960er-Jahre expandiert der Sportwagenhersteller kräftig: Das Stammwerk wird weiter ausgebaut. Fahrzeugabholung, Pforte und das Werk 3 kommen hinzu.
1973
Unmittelbar nach Einführung des Porsche 911 hat der Sportwagenhersteller 1964 das Karosseriewerk Reutter übernommen. Fünf Jahre später wird das Werk 2 um den Bau 41 erweitert.
1988
Der neue Karosseriebau entsteht. Er bildet künftig das Werk 5, das über eine Förderbrücke mit dem Werk 2 verbunden wird. Kurz darauf beginnt dort die Produktion des Porsche 911, Typ 964.
2015
Sechs Werke, ein Porsche Zentrum, das Porsche Museum – mittlerweile beträgt die Fläche des Standorts rund 614.000 Quadratmeter. Das historische Werk 1 ist jetzt ein Gebäude von vielen.